Peggy Guggenheim hatte viele Neider – über ihren Tod hinaus. Darum spart diese Biografie Peggys Verhältnis zu ihren Kindern und Enkelkindern weitgehend aus, denn das gehört in deren Biografie. Auch werden die zahlreichen Anekdoten über ihr Liebesleben nur skizziert, denn das gehört in den Boulevard. Die Leitfrage war: Wie würde man Peggy Guggenheim biografieren, wenn sie keine Frau, Mutter, Großmutter gewesen wäre, sondern ein Mann? Ein Sammler und Mäzen, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, mit seiner Kunstsammlung ein bleibendes Denkmal zu setzen? Welcher männliche Museumsgründer würde gefragt werden, warum er sein Lebenswerk nicht seinen Kindern vermacht hat? Warum er das ihm zugefallene Erbe sinnvoll und mit Augenmaß investiert hat? Wie viele Musen er auf dem Weg geküsst und wen er nicht beachtet hat? Und nicht zuletzt: Wer würde sich für sein Aussehen interessieren? Ob er ein guter Gastgeber war? Oder ein guter Vater? – Niemand.

Die Kunstsammlerin Peggy Guggenheim, der Venedig eines der intimsten und spannendsten Museen der Avantgarden des 20. Jahrhunderts zu verdanken hat, wurde schon so häufig porträtiert, dass jeder sie zu kennen meint. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Autobiografie, die bei Erscheinen 1946 ein Skandal war und seither die Lesart ihres Lebens und ihrer Person als „armes reiches Mädchen“, „sexbesessene Exzentrikerin“ und „fanatische Kunstsammlerin“ bestimmt – zu Unrecht. Peggy Guggenheim, die als junge Frau im Paris der 1920er Jahre Teil der literarischen Avantgarde wird, sich Ende der 1930er Jahre der modernen Kunst zuwendet, 1942 in Marseille zur Fluchthelferin jüdischer Künstler und Intellektueller wird, nachdem sie sich selbst und ihre Sammlung „entarteter Kunst“ vor den Nazis nach Amerika gerettet hat, steht wie wenige andere Frauen für den Aufbruch, die Verunsicherungen und die Verzweiflung der Lost Generation. Ihr Galerie-Museum Art of this Century in New York wird während des Zweiten Weltkriegs zum Anlaufpunkt der europäischen Avantgardekünstler und zum Flakschiff des Abstrakten Expressionismus in Amerika, den sie bei Kriegsende mit nach Venedig nimmt und in Europa bekannt macht.

Molden, Wien 2025, ISBN ISBN: 978-3-222-15129-3